Gemeinschaftsklärwerk Bitterfeld

Gemeinsame Reinigung von Abwässern der Chemieindustrie und Kommune

Erreichte
Umweltentlastung
Abwasser
Abwasser
90% Reduzierung der organischen Schadstoffe im Abwasser
Branche
Öffentliche Verwaltung, Erziehung, Gesundheitswesen, Erholung
Umweltbereich
Wasser / Abwasser
Fördernehmer
Gemeinschaftsklärwerk Bitterfeld
Bundesland
Sachsen-Anhalt
Laufzeit
1991 - 1997
Status
Abgeschlossen
Erreichte
Umweltentlastung
Abwasser
Abwasser
90% Reduzierung der organischen Schadstoffe im Abwasser

Kurzbeschreibung

Bereits seit mehr als 100 Jahren ist Mitteldeutschland mit den Zentren Halle-Merseburg und Bitterfeld-Wolfen ein traditioneller Standort der chemischen In-dustrie. In der ehemaligen DDR prägten vor allem die Betriebe des Chemiekombinats und die Filmfabrik die im Einzugsgebiet der Mulde gelegene Region Bitterfeld-Wolfen und machten sie zu einem der schmutzigsten Gebiete in ganz Europa. Nach der Wiedervereinigung entstand hier für die neu gegründeten und zwischenzeitlich angesiedelten Unternehmen ein Chemiepark (P-D Chemiepark Bitterfeld-Wolfen GmbH).

Um das heute insgesamt 1.200 Hektar große Areal zu einem wettbewerbsfähigen Standort auszubauen, war eine leistungsfähige Infrastruktur zur Ver- und Entsorgung unentbehrlich. Das Problem: Es fehlten ausreichende Behandlungsanlagen für die Abwässer aus den Chemiebetrieben und den umliegenden Kommunen. Ein Großteil der Abwässer gelangte unbehandelt in den nahegelegenen Vorfluter Mulde und von dort aus in die Elbe. Das Ergebnis war eine extreme Belastung der Flüsse mit Nährstoffen, Schwermetallen und anderen Schadstoffen.

Vor diesem Hintergrund unterstützte das Umweltinnovationsprogramm die Errichtung eines Gemeinschaftsklärwerkes (GKW). Dieses sollte erstmals die Abwässer aus Chemieindustrie und Kommunen gemeinsam reinigen. Das GKW behandelt Indust-rie-und Kommunalabwässer sowie belastetes Grundwasser. Diese Ströme werden getrennt erfasst und vorbehandelt, da sie sich in ihrer Zusammensetzung und biolo-gischen Abbauarbeit erheblich unterscheiden. Die gesamte Anlage besteht im We-sentlichen aus:

  • Hauptpumpwerken für Kommunal- und Industrieabwasser,
  • mehreren Ausgleichs- und Speicherbehältern,
  • getrennten chemisch-physikalischen Vorbehandlungsanlagen für Industrie- und Farbabwasser,
  • einer Kommunalabwasservorbehandlung zur Entfernung von Feststoffen (me-chanische Reinigung),
  • der zweistufigen biologischen Reinigung mit insgesamt 4 BIOHOCH®-Reaktoren,
  • einer Klärschlammtrocknungs-und Verbrennungsanlage sowie
  •  Nebenanlagen zur Abluftbehandlung.

Aus Sicherheits- und Platzgründen erfolgt die gesamte Reinigung in oberirdischen Bauten.

Das Herzstück der Anlage sind die tulpenförmigen BIOHOCH®- Reaktoren (BHR). Ein BHR ist ein kompakter, platzsparender Stahlhochbehälter mit Tiefenbelüftung, der sich vom klassischen Belebungsbecken vor allem durch seine wesentlich größere Wassertiefe unterscheidet. Außerdem sind Belebungszone und Nachklärbecken in einem Bauwerk integriert. Hatte sich diese Technologie zuvor bereits mehrfach in der Industrie bewährt, wurde sie im GKW Bitterfeld-Wolfen erstmals auch für die gemeinsame Reinigung von Industrie- und Kommunalabwasser erprobt.

Zunächst werden die hochbelasteten Industrieabwässer im BHR 1 bei intensiver Be-lüftung biologisch vorgereinigt, wobei ein kleiner Teilstrom Kommunalabwasser zur Versorgung der Mikroorganismen mit lebensnotwendigen Nährstoffen dient. Das so vorbehandelte Wasser fließt gemeinsam mit dem bislang nur mechanisch gereinig-ten Hauptstrom des Kommunalabwassers in die parallel betriebenen BHR 2 – 4, die zweite biologische Reinigungsstufe des GKW. Hier werden neben dem weiteren Ab-bau der organischen Inhaltsstoffe auch die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor ent-fernt. Das gereinigte Abwasser am Ablauf der BHR 2 – 4 wird mit zahlreichen Messeinrichtungen rund um die Uhr überwacht, ehe es über eine Druckleitung in die Mulde gelangt.

In einer GKW-eigenen Klärschlammbehandlungsanlage (KBA) wird der anfallende Klärschlamm verwertet, da eine landwirtschaftliche Nutzung aufgrund der hohen Schadstoffgehalte ausgeschlossen ist. Hier wird der Schlamm zunächst getrocknet und anschließend in einem Wirbelschichtofen verbrannt. Die dabei entstehende thermische Energie dient zur Erzeugung von Dampf, mit dem sowohl der Trockner als auch die Betriebsgebäude der Anlage beheizt werden.

Mit dem Bau des GKW wurde eine erhebliche Verbesserung des ökologischen Zustands der Mulde erzielt. Die nachstehende Tabelle zeigt am Beispiel der Nährstoffe Phosphor und Stickstoff die Reinigungsleistung des Klärwerks und die damit verbundene Verringerung des Schadstoffeintrags in die Mulde für das Jahr 1995.

Weitere Vorteile: Die Gesamtanlage entfernt etwa 90 Prozent der organischen Schadstoffe (gemessen als CSB = chemischer Sauerstoffbedarf), adsorbierbare, organisch gebundene halogene (AOX), insbesondere organische Chlorverbindungen und Schwermetalle, werden ebenfalls weitgehend eliminiert.
Aufgrund der modernen Infrastruktur, die die Einhaltung höchster Umweltstandards garantiert, ist die Region Bitterfeld-Wolfen wieder zu einem attraktiven Standort für in- und ausländische Investoren geworden. Derzeit hat das Gemeinschaftsklärwerk seine Kapazitätsgrenzen erreicht. Für den bevorstehenden Ausbau ist wieder eine innovative Lösung gefragt, deren Umsetzung in einem weiteren Pilotprojekt durch das Umweltinnovationsprogramm gefördert wurde.